Smartphones, Tablets und andere elektronische Geräte benötigen bei der Herstellung hochwertige Rohstoffe wie Gold, Silber, Kupfer und Palladium. Einige, teilweise seltene Rohstoffe werden in Ländern abgebaut in denen Menschenrechte und Umweltschutz keine große Rolle spielen. Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) ist das rohstoffwirtschaftliche Kompetenzzentrum für die deutsche Wirtschaft, sie ist Bestandteil der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Die DERA will Unternehmen Perspektiven aufzeigen, wie das Rohstoffmanagement optimiert und damit Versorgungsrisiken minimiert werden können. Die DERA beschäftigt sich auch mit dem Thema Recyclingrohstoffe mit dem Ziel, die Abhängigkeit von Primärrohstoffen zu verringern. Wir haben die DERA-Geologin Britta Bookhagen zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Rohstoffbedarf gefragt.
Welche Rohstoffe stecken in modernen Smartphones?
Smartphones sind wirklich kleine Schatztruhen, in denen über 50 Metalle stecken. Wenn Sie sich ein Periodensystem der Elemente aus der Schule anschauen, sind so ziemlich alle Metalle, sie Sie schon mal gehört haben, in Smartphones enthalten – und noch mehr! Sehr viele von diesen Metallen kommen nur in sehr geringen Mengen vor, sind aber extrem wichtig für die Funktionalität der Smartphones. Den größten Gewichtsanteil haben Eisen, Aluminium, Kupfer und Nickel, aber auch Zink, Zinn und Edelmetalle wie die genannten Gold, Silber, Platin und Palladium kommen vor. Für die kleinen Magnete in Lautsprecher und Kamera sind Seltene Erden wie Neodym und Dysprosium unentbehrlich, und in den Lithium-Ionen-Batterien stecken unter anderem Kobalt, Lithium, Nickel und Graphit.
Wo kommen die Rohstoffe her?
Die Rohstoffe kommen tatsächlich von überall auf der Erde her, Rohstoffwirtschaft ist ein globales Geschäft. Allerdings kommen durch die geologische Entwicklung nicht alle Rohstoffe überall in abbauwürdiger Form vor. Es gibt ein paar Länder, die sogar als Hauptabbauländer einiger Rohstoffe gelten, bspw. kommt ein Großteil des Eisens und Aluminiums aus Australien und die berüchtigten Seltenen Erden stammen zu über 80 % aus China. Wichtig ist aber auch, wo die Weiterverarbeitung stattfindet, die sogenannte Raffinade. Es gibt einige Rohstoffe, bei denen sich China als Spezialist und Hauptakteur in der Weiterverarbeitung etabliert hat, obwohl die Rohstoffe gar nicht aus China kommen. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass Deutschland keines dieser Metalle selber abbaut und auch nur wenige aus Europa kommen.
Unter welchen Bedingungen werden diese meist gewonnen?
Der Abbau von Rohstoffen ist ein Eingriff in die Umwelt, der für Menschen, Tiere und Pflanzen nicht ohne Folgen bleibt. Er kann aber möglichst umweltverträglich gestaltet werden, wenn z.B. strenge Umweltauflagen eingehalten und die Auswirkungen minimiert werden.
Die meisten Metalle für Smartphones werden im kommerziellen Bergbau, also mit großen Anlagen und großen Maschinen, gewonnen. Einige der Metalle, bspw. Kobalt und Tantal, werden zum Teil auch im Kleinbergbau in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo gewonnen.
Der Kleinbergbau beschäftigt wahrscheinlich mehre Hundertausende Menschen, die sonst keine Arbeit und keinen Lebensunterhalt haben. Nicht alle Bergleute im Kleinbergbau werden fair entlohnt. Die meisten werden nicht angemessen ausgerüstet, es fehlt an Helmen, Stiefeln und Handschuhen und es kommt auch vor, dass hier Kinder arbeiten.
Welche Herausforderung bringt die Digitalisierung weiterer Lebensbereiche?
Neue und aufkommende Technologien der Digitalisierung haben das Potenzial, den globalen Rohstoffbedarf erheblich zu verändern. Dies kann wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Rohstoffmärkte haben, wie z. B. kurzfristig starke Preiserhöhungen und Lieferengpässe sowie mittelfristig eine Produktionssteigerung. Die Digitalisierung führt zu einem erhöhten Rohstoffbedarf von Metallen wie Kupfer, Indium, Germanium und anderen Rohstoffen. Da diese Rohstoffe nach Deutschland importiert werden müssen, müssen die Rohstoffmärkte für eine zuverlässige Versorgung ständig beobachtet werden, um rechtzeitig mit Gegenmaßnahmen gegenzusteuern. Ein Recycling dieser Metalle kann die Abhängigkeiten verringern und hat gleichzeitig noch einen positiven Effekt für die Umwelt. Aber für ein hochwertiges Recycling in Europa muss auch die Infrastruktur vorhanden sein (bspw. die Hüttenstandorte zu Metallverarbeitung) und die Rücknahme und Sammlungen müssen funktionieren. Hier sind noch Verbesserungen notwendig. Jede/r einzelne kann dazu beitragen, indem verantwortungsvoller Konsum betrieben wird, Geräte langfristig genutzt werden und diese nach Nichtbenutzung verkauft, verschenkt oder fachgerecht entsorgt werden.
Welche Rohstoffe aus Smartphones und Tablets können wiederverwendet werden?
Mit den Standard-Recyclingprozessen werden Gold, Kupfer, Palladium, Platin und Silber, oft auch Nickel wiedergewonnen, mit sehr hohen Ausbeuten zu über 90 %. Mit diesen Metallen werden bereits über 85 % des gesamten Metallwertes eines Smartphones zurückgewonnen! Spezielle Anlagen, von denen es drei in Europa gibt, können auch noch Metalle wie Zink, Blei, Zinn und andere zurückgewonnen werden. Aber die Metalle Indium, Tantal und die Seltenen Erden werden derzeit noch nicht recycelt. Diese sind zu komplex verbaut und in zu geringen Mengen verteilt enthalten. Aus den Lithium-Ionen-Batterien werden Kobalt und Nickel wiedergewonnen, um dies zu verbessern, wird noch viel geforscht.
Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun, um die Ökobilanz ihrer mobilen Endgeräte zu verbessern?
Die nachhaltigste und beste Art ist es, das Handy oder Smartphone so lange wie möglich zu nutzen. Wenn man es nicht mehr verwenden möchte, kann es über Gebrauchtplattformen weiterverkauft (Daten löschen nicht vergessen!) oder verschenkt oder gespendet werden. Wenn es kaputt und nicht mehr reparierbar ist, muss es dem fachgerechten Recycling zugeführt werden, also entweder bei einer der vielen Sammelstellen, bei Elektronikfachgeschäften oder bei den kommunalen Sammelstellen kostenfrei abgeben werden. Auf keinen Fall dürfen Smartphones in den Hausmüll, das ist verboten. Und in den Schubladen sollten sie auch nicht wirklich landen – hier kann vielleicht ein „Reservehandy“ für den Urlaub aufbehalten werden, aber die anderen sollte man verkaufen, verschenken oder nach einer der eben aufgezählten Arten entsorgen, damit die wichtigen Rohstoffe wiedergewonnen werden können. Fachgerechtes Recycling ist auch deshalb wichtig, damit die giftigen und schadhaften Stoffe korrekt entsorgt werden – deshalb das Verbot im Hausmüll. Auch wenn bei den Recycling-Prozessen noch Raum zur Optimierung ist und auf den ersten Blick nur wenige Metalle wiedergewonnen werden, könnten gerade höhere Rückgaben und dadurch verbesserte Sammlungen zu einer kritischen Masse führen, damit neue Recyclingprozesse entwickelt werden.