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Physik im Mobilfunk: Wie die Ausbreitungseigenschaften von Frequenzen die Standortplanung für die Netze beeinflussen

14. September 2021
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Beim Ausbau ihrer 5G-Versorgung setzen alle deutschen Mobilfunkbetreiber auf unterschiedliche Teile des für Mobilfunk vorgesehenen Spektrums. Vereinfacht gesagt nutzen sie für die Versorgung von Großstädten und ihres Umfeldes vornehmlich die erst 2019 ersteigerten Frequenzblöcke um 3,4 bis 3,7 GHz. Gleichzeitig setzen sie für eine Flächenversorgung mit 5G auf Frequenzen im unteren Teil des Mobilfunkspektrums ­– etwa auf 5G-Versorgung im Bereich um 700 bis 900 MHz. Hinzu kommen 5G-Angebote auf den „mittleren“ Mobilfunkfrequenzen zwischen 1,5 und 2,1 GHz.

 

Die Wellenlänge macht den Unterschied

Natürlich kann jeder Anbieter ohnehin nur die Frequenzblocks einsetzen, die ihm im Rahmen der verschiedenen Frequenzvergaben auch zugesprochen wurden. Dabei ist es für den Netzausbau günstig, dass die jeweiligen Nutzungsrechte mittlerweile technologieneutral erteilt wurden. Es ist also jedem Netzbetreiber selbst überlassen, welchen Teil „seines“ Frequenzspektrums der Anbieter für LTE, 5G oder auch noch GSM/2G einsetzt. Doch bei der Nutzung der Frequenzen im Netz gehen alle Netzbetreiber relativ ähnlich vor – und der Grund dafür liegt nicht zuletzt in der Physik.

Der Hintergrund: Niedrige Frequenzen entsprechen größeren Wellenlängen – und längere Wellen breiten sich besser in der Fläche aus. Deshalb sind die „unteren“ Mobilfunkfrequenzen zwischen 700 und 900 MHz am besten für die Mobilfunkversorgung in der Fläche geeignet. Dies nutzen die Anbieter bevorzugt, um in ländlichen Bereichen mit weniger Basisstationen eine größere Netzabdeckung zu erreichen. Oder auch, um in Städten eine Grundversorgung über größere Reichweiten bereitstellen zu können. In diesem unteren Frequenzbereich, der bisweilen auch als „Lowband“ bezeichnet wird, erreichen die Funkzellen theoretische Radien bis zu 15 Kilometer, in der Praxis sind es in ländlichen Regionen meist zwischen drei und fünf Kilometern. Dabei hängen die Zellgrößen von der Topologie, der Nutzeranzahl und weiteren Merkmalen der jeweiligen Mobilfunkstandards ab – und somit von der konkreten Netzplanung eines Anbieters. Darüber hinaus muss die Netzplanung auch noch andere Faktoren berücksichtigen, darunter sogar unterschiedliche Wetterlagen. Denn Regen und Nebel beziehungsweise die dadurch verursachten Wassertröpfen in der Luft beeinträchtigen die Reichweite.

Im Vergleich zum „Lowband“ reichen Mobilfunksignale auf höheren Frequenzen weniger weit. Im „Midband“ zwischen 1,5 und 2,1 GHz beträgt der Radius einer Funkzelle eher zwei bis drei Kilometer. In diesem Frequenzbereich bestimmt allerdings weniger die theoretische Reichweite die Abstände zwischen den Mobilfunkstandorten, sondern oftmals die Nachfrageintensität nach mobilem Breitband. Denn eine Station kann nur eine begrenzte Menge an Daten gleichzeitig abführen. Deshalb müssen nicht selten neue Stationen zwischen bestehenden platziert werden, um den Bestand zu entlasten und die wachsende Nachfrage von Kundenseite zu bedienen.

Im „Highband“ bei 3,4 bis 3,7 GHz sind die Radien in der Praxis auf wenige hundert Meter begrenzt. Allerdings können die Netzbetreiber hier jeweils einen breiteren Teil des Spektrums nutzen als dies im Regelfall in den unteren Bändern der Fall ist. Daher können in diesem Frequenzbereich trotz der begrenzten Reichweite sehr große Datenmengen transportiert werden. Aus diesem Grund ist der Einsatz dieses Frequenzbereichs zur Entlastung der bestehenden Netze in städtischen Lagen angesichts der wachsenden Nachfrage besonders wichtig. Außerdem eignen sich diese Frequenzen zum Bereitstellen zusätzlicher Kapazität an sogenannten Hotspots mit vergleichsweise kleinen Funkzellen und sehr kleinen Antennen. Allerdings reichen die hohen Frequenzen mit ihren kurzen Wellenlängen nur schlecht ins Innere von Gebäuden hinein. Dieser Aspekt ist wichtig, wenn in einem Versorgungsbereich auch Indoor-Empfang gewährleistet werden soll.

 

Unterschiedliche Bandbreiten je nach Mobilfunkfrequenz

Eine weitere Einschränkung, die Netzplaner bei den Mobilfunkbetreibern berücksichtigen müssen, ist die in den jeweiligen Frequenzbereichen für sie verfügbare Bandbreite. Weil die Frequenzen im Lowband historisch am weitesten zurückreichen, sind die Kanalbandbreiten hier traditionell kleiner. Hinzu kommt, dass sich wegen der höheren Reichweite bei ähnlicher räumlicher Verteilung der Nutzer auch mehr Mobilfunkkunden die Gesamtkapazität einer Zelle teilen müssen. Beides führt dazu, dass sich auf den unteren Mobilfunkfrequenzen nur begrenzte Datenraten bereitstellen lassen. Bei der in diesem Frequenzbereich typischerweise nutzbaren Kanalbandbreite von 10 Megahertz erzielt der 5G-Funkstandard „5G New Radio“ hier Datendurchsätze um 100 Mbit/s im Downlink – also der Verbindung von der Basisstation zum Endgerät.

Im „Midband“ liegen die Kanalbandbreiten schon etwas höher ­– je nach Anbieter stehen hier 20 bis 30 MHz zur Verfügung, was mit 5G entsprechend etwa 200 bis 300 Mbit/s im Downlink erlaubt. Nutzt die Kommunikation zwischen Basisstation und Mobilgerät zusätzlich das sogenannte MIMO-Verfahren mit vier Datenströmen („4×4 MIMO“ – Multiple Input/ Multiple Output) lässt sich die Datenrate in diesem Frequenzbereich auf bis zu 350 beziehungsweise 450 Mbit/s steigern.

Übersicht Frequenzen

Und im „Highband“ schafft 5G unter optimalen Voraussetzungen schon heute Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 1 Gigabit/s. Dafür wirken dann Kanalbandbreiten zwischen 50 und 90 MHz und die gerade beschriebene MIMO-Technik zusammen. Zudem funktioniert auf den hohen Frequenzen das Beamforming am besten – also die clevere Fokussierung der Funksignale von MIMO-Antennen auf die Empfangsgeräte von 5G-Nutzern.

 

Carrier Aggregation: Höhere Übertragungsraten durch Frequenzkombination

Im Zuge der Weiterentwicklung der 5G-Funktechnik in den nächsten Jahren dürften die maximal möglichen Datenraten natürlich noch steigen. In der Praxis können die mit 5G-Smartphones nutzbaren Datenraten bisweilen sogar heute schon höher liegen. Denn praktisch alle aktuellen 5G-tauglichen Endgeräte unterstützen die sogenannte „Carrier Aggregation“ – übersetzt etwa: Bündelung von Trägerfrequenzen. 5G-Smartphones & Co können also den Empfang von Mobilfunksignalen über verschiedene Frequenzen kombinieren, sofern mehrere davon an einem Standort vorhanden sind. Das funktioniert entweder mit mehreren 4G-Trägerfrequenzen oder mit mehreren 5G-Trägerfrequenzen – allerdings nicht gemischt zwischen den beiden Mobilfunkstandards. Im 5G-Modus addieren die Smartphones dann also zum Beispiel die Datenpakete von „5G-Kanälen“ auf 700 MHz, 2,1 GHz und 3,6 GHz. In der Summe ergibt sich dann eine höhere Datenrate aus den einzelnen Übertragungsraten auf den verschiedenen Frequenzen.

Allerdings muss die Steuersoftware des Smartphones für die jeweils genutzte Frequenzkombination gezielt vorbereitet sein. Daher kann es sinnvoll sein, 5G-Smartphones direkt beim Netzbetreiber oder zumindest in einer explizit für das jeweils genutzte Netz ausgelegten Version zu kaufen. Die Smartphone-Hersteller berücksichtigen die jeweiligen Netzbetreiber-spezifischen Kombinationen jedoch schrittweise auch in ihren allgemeinen Geräteversionen. So unterstützen auch auf dem freien Markt gekaufte 5G-Endgeräte zunehmend die jeweiligen Maximalgeschwindigkeiten im genutzten Mobilfunknetz.

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