- 40 Prozent der Achtklässlerinnen und Achtklässler in Deutschland erreichen nur unzureichende digitale Kompetenzen.
- Im internationalen Vergleich liegt Deutschland im Bereich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen (502 Punkte) über dem internationalen Mittelwert.
- Im Vergleich zu den Untersuchungen 2013 und 2018 gibt es aber einen deutlichen Rückgang der Kompetenzen.
Eine jetzt veröffentlichte, internationale Vergleichsstudie, die International Computer and Information Literacy Study (ICILS) 2023, zeigt alarmierende Ergebnisse: Rund 40 Prozent der deutschen Achtklässlerinnen und Achtklässler erreichen nur unzureichende digitale Kompetenzen. Diese Daten spiegeln einen deutlichen Rückgang gegenüber den Vorjahren wider und werfen Fragen zur Zukunft der digitalen Bildung in Deutschland auf.
Die ICILS-Studie: Hintergrund und Ziele
Die ICILS-Studie, die alle fünf Jahre von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) durchgeführt wird, untersucht die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülern der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Deutschland nahm an der Studie 2023 zum dritten Mal teil, sie wurde von der Universität Paderborn betreut unter der wissenschaftlichen Leitung Prof. Dr. Birgit Eickelmann. Die Ergebnisse dienen dazu, den Stand und Fortschritt der digitalen Bildung zu messen und international zu vergleichen.
Die wichtigsten Ergebnisse der ICILS 2023
Trotz eines über dem internationalen Mittelwert liegenden Gesamtergebnisses von 502 Punkten zeigt die ICILS 2023-Studie, dass die digitalen Kompetenzen der deutschen Schüler im Durchschnitt signifikant zurückgegangen sind. 2013 lag der Wert noch bei 523 Punkten und 2018 bei 518 Punkten.
40 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland erreichen laut ICILS nur maximal die unteren zwei Kompetenzstufen, an den nicht gymnasialen Schulen trifft das sogar auf jeden zweiten Jugendlichen zu. Schülerinnen und Schüler, die nur die unteren beiden Kompetenzstufen erreichen, können auf dem Tablet nicht mehr als klicken und wischen. Das heißt, sie können beispielsweise einen Link finden und anklicken, aber die Information nicht einordnen und bewerten. Sie können die Information auch nicht produktiv weiterverarbeiten, zum Beispiel in einer kleinen digitalen Präsentation oder in einem digitalen Bewerbungsschreiben.
Der wesentliche Unterschied zu den höheren Kompetenzstufen ist, dass die Fähigkeit zu einer reflektierten und eigenständigen Nutzung fehlt. Das alleinige Bereitstellen von Materialien im digitalen Raum setzt noch keine Lernprozesse in Gang. Nur ein Teil der Schülerinnen und Schüler war in der Lage, eigenständig zu lernen. Eine weitere sehr wichtige Fähigkeit, die den Jugendlichen auf den unteren Kompetenzstufen fehlt, ist zudem das Einordnen des Wahrheitsgehalts von Informationen. Die Förderung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen ist in einer zunehmend digitalisierten Welt von großer Bedeutung. Daher sollte die Vermittlung von Medienkompetenz in den Lehrplänen von Schulen verankert werden, damit Kinder und Jugendliche den verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien von Anfang lernen.
Die Studie offenbart mehrere Herausforderungen:
- Kompetenzlücken: Rund 40,8 Prozent der deutschen Achtklässler erreichen nur die unteren Kompetenzstufen I und II. Dies bedeutet, dass sie grundlegende digitale Fähigkeiten wie das Finden, Anklicken und grundlegendes Bedienen von Anwendungen beherrschen, jedoch nicht in der Lage sind, Informationen kritisch zu bewerten oder produktiv weiterzuverarbeiten.
- Geringe Leistungsspitze: Nur etwa ein Prozent der Schüler erreicht die höchste Kompetenzstufe V, was auf einen Mangel an digital exzellenten Schülern hinweist.
- Schulformabhängige Unterschiede: Schüler an Gymnasien erzielen mit durchschnittlich 559 Punkten signifikant höhere Ergebnisse als ihre Altersgenossen an anderen Schulformen, die im Durchschnitt nur 472 Punkte erreichen. Dieser Unterschied spiegelt eine Bildungsungleichheit wider, die eng mit sozialen und herkunftsbezogenen Faktoren zusammenhängt.
Technologische Ausstattung und Nutzung digitaler Medien
Positiv hervorzuheben ist die Verbesserung der technischen Ausstattung der Schulen: Während sich im Jahr 2018 noch zehn Schüler ein Gerät teilten, liegt diese Zahl im Jahr 2023 bei fünf. Ebenso ist der Anteil der Lehrkräfte, die digitale Medien täglich nutzen, von 9,1 Prozent (2013) auf 69,9 Prozent (2023) gestiegen. Diese Entwicklungen sind auf den DigitalPakt Schule sowie auf die Maßnahmen während der COVID-19-Pandemie zurückzuführen, beides hat die Digitalisierung an Schulen beschleunigt.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Die ICILS 2023 macht deutlich, dass es trotz gestiegener technischer Ressourcen notwendig ist, strukturelle und didaktische Konzepte für die digitale Bildung weiterzuentwickeln. Vor allem benachteiligte Schülergruppen, deren Kompetenzen oft eng an ihre soziale Herkunft und ihren Bildungshintergrund gekoppelt sind, bedürfen gezielter Förderung. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass digitale Bildung mehr ist als der Einsatz von Tablets und Computern: Um die digitale Zukunft aktiv gestalten zu können, müssen junge Menschen lernen, digitale Informationen kritisch zu bewerten und produktiv zu nutzen.
Die Studie legt nahe, dass eine isolierte Investition in Technik nicht ausreicht. Vielmehr ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig, der die pädagogische und didaktische Einbettung digitaler Medien stärkt und alle Schüler unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund erreicht.
Veröffentlicht am 20.11.2024