Open RAN (Open Radio Access Network) ist ein Konzept, die Netzarchitektur eines Mobilfunknetzes mit „offenen“ Komponenten zu realisieren. „Open“ oder „offen“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Geräte und ihre Schnittstellen nicht von einem einzelnen Anbieter beziehungsweise Hersteller festgelegt werden, sondern öffentlich zugänglichen internationalen Standards genügen.
Die technischen Standards von Open RAN werden vom Industriegremium O-RAN Alliance verabschiedet. Exakt betrachtet definieren diese Standards vor allem die Schnittstellen zwischen verschiedenen Komponenten des Mobilfunknetzes. Zu diesen Komponenten zählen etwa der „Packet Core“ (Kernnetz für die Vermittlung von IP-Paketen), die Baseband Units (BBUs, den Steuereinheiten für die Funkantennen) und die Antennensysteme (auch RRH – Remote Radio Heads, entfernte Funk-Kopfstationen, genannt).
Der Begriff „O-RAN“ (bzw. ORAN oder auch Oran) wird oft synonym zu Open RAN verwendet. Streng betrachtet handelt es sich bei „O-RAN“ jedoch um die konkreten Spezifikationen der O-RAN Alliance, während die Bezeichnung „Open RAN“ das Architekturprinzip an sich meint.
Open-RAN macht Mobilfunknetze flexibler
Die Abkürzung RAN steht für Radio Access Network, übersetzt Funkzugangs-Netzwerk. Die Open-RAN-Technologie zielt also in erster Linie auf das Zugangsnetz und weniger auf das Mobilfunk-Kernnetz ab. Unter dem Zugangsnetz versteht man die Gesamtheit der Funkantennen, Basisstationen und der darauf laufenden Steuerungssoftware eines Mobilfunknetzbetreibers. Der Aspekt „Open“ beziehungsweise „offen“ bedeutet aus Sicht der Netzbetreiber vor allem, dass sie Open-RAN-Komponenten von verschiedenen Lieferanten beziehungsweise Anbietern beziehen können. So macht die Open-RAN-Architektur die Betreiber unabhängiger von einzelnen Infrastruktur-Lieferanten. Zudem ermöglicht sie auch kleineren Anbietern, spezialisierte Komponenten für Mobilfunknetze zu entwickeln und diese an große Netzbetreiber zu verkaufen.
Open RAN gilt als zukunftsträchtige Netzarchitektur, weil dieser Ansatz im Vergleich zu klassischen Infrastruktur-Lösungen mittelfristig kostengünstiger und flexibler ist. Allerdings ist die Überführung eines bestehenden Funknetzes, das auf konventionellen Infrastruktur-Elementen basiert, in ein Open-RAN-Netz komplex. Verschiedene Netzbetreiber verfolgen deshalb unterschiedliche Strategien und Zeitpläne für die Einführung von Open RAN in ihren Mobilfunknetzen.
Auch einzelne Netzinseln lassen sich mit Open RAN umsetzen
Viele Mobilfunknetze sind heute noch nach einer klassischen Struktur aufgebaut, die zur Unterscheidung von Open RAN bisweilen auch als „Classic RAN“ bezeichnet wird. Doch auch in solchen Netzen können die beschriebenen Ansätze häufig schon für die Versorgung begrenzter Orte zum Einsatz kommen – etwa Fußballstadien oder U-Bahnen. Dort werden dann Teile des RAN an einem zentralen Ort zusammengeführt, während die Funkantennen über den zu versorgenden Bereich verteilt sind.
Prinzipiell lässt sich die Open-RAN-Architektur auch mit einem konventionellen Kernnetz nutzen. Man spricht dann von einer C-RAN-Architektur (Centralized RAN) – das Radio-Zugangsnetz greift auf ein zentrales Kernnetz zurück. In der Regel wird Open RAN aber mit einem virtualisierten Kernnetz kombiniert – dann sprechen Techniker auch von einem V-RAN (Virtualized RAN).
Bei 5G wurde diese Virtualisierung von Netzkomponenten von Anfang an umgesetzt. Dazu kommt die Technologie „Software-defined Networking“ (SDN)
(www.informationszentrum-mobilfunk.de/2023/06/19/software-defined-networking-sdn/) zum Einsatz.
Im Detail unterschiedliche Architekturen möglich
Manche Hersteller kombinieren auch klassische Mobilfunk-Infrastrukturelemente mit einzelnen virtualisierten Komponenten. Dann ist bisweilen auch die Rede von einem „Cloud RAN“.
Typisch für Open-RAN-Architekturen ist die Trennung von Hardware und Software, die auch als „Disaggregation“ bezeichnet wird. Die spezialisierte Software, die virtualisierte Netz-Komponenten realisiert, kann dann auf handelsüblicher Standard-Server-Hardware laufen. Dies ist meist preisgünstiger als spezialisierte Infrastruktur-Hardware. Ein weiterer Vorteil dieser technologischen Umsetzung ist, dass sich Netzkapazitäten schneller an den aktuellen Bedarf anpassen und neue Funktionen einfach per Software-Update nachrüsten lassen.
Innerhalb der Architektur von „Open RAN“ ist es darüber hinaus möglich, die Komponenten zur Steuerung des Zugangsnetzes in mehrere Einzelteile aufzusplitten. Diese lassen sich dann an unterschiedlichen Orten im Netzwerk unterbringen. Die sogenannten „Centralized Units“ oder kurz CU werden dann näher am Kernnetz angeordnet, während sich „Distributed Units“ oder kurz DU näher an den Funkstationen befinden. Sogenannte RUs (Remote Units) übernehmen schließlich die eigentliche Ansteuerung der Funkantennen-Systeme vor Ort. Die Verbindung zwischen diesen Netzwerk-Komponenten erfolgt üblicherweise per Glasfaserkabel.