Alle Mobilfunkanbieter in Deutschland arbeiten mit Hochdruck am Auf- und Ausbau ihrer 5G-Netze. Parallel dazu sind von praktisch allen Smartphone-Herstellern erste Gerätegenerationen mit 5G-Unterstützung erschienen. Die ersten Nutzer können 5G somit schon heute praktisch erleben.
Dennoch sind die bisher erfolgten und die für Anfang 2021 absehbaren 5G-Installationen nur der erste Schritt. Die derzeit kommerziell verfügbare Technik kann noch nicht alles erfüllen, was in früheren Jahren als „Vision 5G“ angekündigt wurde. Diese Entwicklung ist bei der Einführung völlig normal, wie ein Blick zurück in die Anfänge von 4G zeigt: Die ersten 4G-Installationen um das Jahr 2010 herum unterstützten bestenfalls Datenraten um 150 Mbit/s herum. Sechs Jahre später wurde dann mit „LTE Advanced Pro“ die Gigabit-Marke geknackt.
Ähnliches wiederholt sich nun auch bei 5G: So werden etwa die Reaktionszeiten (Latenzzeiten) im Bereich weniger Millisekunden (Fachbegriff URLLC – „Ultra Reliable and Low Latency Communications“) erst Schritt für Schritt im Verlauf der kommenden Jahre in die Netze Einzug halten. Der Grund liegt darin, dass hierfür noch weitere Änderungen an der Netzstruktur und -architektur erforderlich sein werden – zum Beispiel die Bereitstellung des sogenannten Mobile Edge Computing (MEC), also von spezialisierten Cloud-Servern, die zur Optimierung der Übertragungsgeschwindigkeit sehr nah an den Mobilfunkbasisstationen betrieben werden. Dadurch wird die früher zentralisierte Intelligenz des Netzes viel näher an die einzelnen Mobilfunkstationen herangeschoben.
Noch eine weitere Eigenschaft unterscheidet die ersten 5G-Installationen von dem, was den neuen 5G-Mobilfunkstandard in einem späteren Ausbaustand kennzeichnen wird: Die heute in Deutschland und auch in den Nachbarländern eingesetzte 5G-Technologie basiert auf der Netzarchitektur „5G Non-Standalone“, auch kurz als „5G NSA“ bezeichnet. Das bedeutet, dass die heutigen 5G-Angebote technisch noch auf ein gleichzeitig verfügbares 4G-Netz (LTE) angewiesen sind und noch nicht „selbstständig“ funktionieren.
Bei 5G NSA nutzt das Funknetz bereits den 5G-Funkstandard für die Kommunikation mit 5G-fähigen Endgeräten, im Falle von „DSS“ ((Link: https://www.informationszentrum-mobilfunk.de/artikel/mobilfunkstandard-nach-bedarf)) auch mit variabler Kapazitätsaufteilung zwischen 4G und 5G. Das sogenannte Kernnetz – also die Steuerungskomponenten, die etwa für die Teilnehmerverwaltung oder für den Austausch von Datenpaketen mit Netzen außerhalb der netzbetreibereigenen Mobilfunk-Infrastruktur zuständig sind – basiert dagegen noch auf 4G.
Bei „5G Non Standalone“ werden die Basisstationen noch über das 4G-Kernnetz („Core“) gesteuert, auch wenn sie bereits 5G-Funksignale aussenden. Die Darstellung zeigt eine beispielhafte Konfigurationsoption. Beim künftigen „5G Standalone“ kommt ein eigenständiges 5G-Kernnetz hinzu.
Diese Umsetzung ermöglicht den Netzbetreibern, ihren Kunden möglichst schnell und frühzeitig erste Vorteile von 5G zur Verfügung zu stellen – insbesondere die höheren Datenraten, die der neue Funkstandard „5G New Radio“ (5G NR) vor allem auf den neuen „5G-Frequenzen“ um 3,6 GHz ermöglicht.
Demgegenüber wird die Netzarchitektur 5G Standalone (5G SA) später auch noch weitere 5G-Vorteile unterstützen. Neben den bereits erwähnten geringeren Latenzen und Mobile Edge Computing Clouds zählt dazu beispielsweise auch „Network Slicing“. Mit diesem Prinzip können 5G-Netze in Zukunft die technischen Parameter der Funkübertragung an den Bedarf bestimmter Anwendungen anpassen. So kann 5G zum Beispiel für Entertainment-Anwendungen sehr hohe Datenraten transportieren, die dann jedoch schneller den Akku des Endgeräts entladen. Für Sensoren im Internet der Dinge (IoT) kann dasselbe Netz hingegen einen sehr stromsparenden Betrieb unterstützen, bei dem die Datenraten geringer bleiben, dafür aber Batterielaufzeiten von mehreren Jahren erlauben.
Solche künftigen Möglichkeiten erfordern dann allerdings, dass auch die Kernnetz-Infrastrukturen der Mobilfunknetze vollständig auf 5G aufgerüstet werden – also im Technik-Slang als „5G Core“ realisiert werden. Auch daran arbeiten die Anbieter bereits heute, die vollständige Umstellung liegt allerdings noch etwas in der Zukunft. An den 5G-Basisstationen sind dann jedoch keine Umbauten mehr erforderlich, sondern allenfalls noch Software-Updates – denn ihre Sende- und Empfangstechnik ist ja bereits vollständig für den 5G-Betrieb ausgelegt.
Übrigens: Auch wenn der „5G Core“ beziehungsweise „5G SA“ in die Mobilfunknetze Einzug halten, müssen Besitzer von reinen 4G-Smartphones nicht um den LTE-Empfang bangen. Denn auch die dann um ein 5G-Kernnetz erweiterte Infrastruktur wird nach wie vor den 4G-Funkstandard mitbedienen können.
Veröffentlicht am 21.12.2020