Forschungsprojekt zu 5G

27. Juli 2020
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Interview mit Prof. Dr. Alexander Lerchl

Alexander Lerchl ist Professor für Biologie und Ethik an der Jacobs University in Bremen.  Er war von 2008 bis 2011 außerdem Vorsitzender des Ausschusses für nicht-ionisierende Strahlung der Strahlenschutzkommission. Unter seiner Leitung werden derzeit die Auswirkungen von 5G-Frequenzen auf menschliche Zellen untersucht. Das Forschungsprojekt ist vom Bundesamt für Strahlenschutz finanziert und soll die Auswirkungen der Frequenzbänder zwischen 26 und 28 Gigahertz sowie oberhalb von 40 Gigahertz untersuchen. Die Absorption dieser Funkwellen im höheren Frequenzbereich erfolgt ausschließlich in den oberen Hautschichten. Wie sich das auf den Körper auswirkt, erforscht Alexander Lerchl anhand von Zellkulturen.

Für 5G werden sowohl vorhandene Frequenzen der dritten und vierten Generation (UMTS, LTE) zwischen 700 Megahertz und 2,6 Gigahertz als auch Frequenzen im Bereich von 3,4 bis 3,7 Gigahertz genutzt, die 2019 versteigert wurden.  Darüber hinaus ist auch die Nutzung von Bändern im höheren Frequenzbereich (größer 24 Gigahertz) möglich. Diese werden im Forschungsprojekt von Professor Lerchl untersucht. Bis jetzt sind diese Frequenzen noch nicht vergeben und aktuell kein Bestandteil des laufenden 5G-Ausbaus.

Was genau ist im Hinblick auf die biologische Wirkung der Unterschied zwischen den Frequenzbändern?

Die biologischen Effekte hängen in erster Linie von der Wellenlänge ab, die ja mit zunehmender Frequenz abnimmt. Bei niedrigen Frequenzen, wie sie noch im alten GSM-Netz verwendet wurden, waren es vor allem thermische Effekte, die von Interesse waren, weil die genutzten Frequenzen (900 MHz) durchaus in relevanter Weise in Gewebe eindringen. Bei höheren Frequenzen wird diese Eindringtiefe immer geringer, bei zweistelligen GHz Frequenzen spielen sie gar keine Rolle mehr. Hier sind es nicht mal mehr Millimeter, so dass hier Effekte in den oberen Hautschichten zu untersuchen sind.

Ist die Furcht vor den sogenannten Millimeterwellen begründet?

Nach bisherigem Forschungsstand nicht. Die allermeisten Forschungsergebnisse weisen keine Schäden durch diese elektromagnetischen Felder nach, selbst zum Teil deutlich oberhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Es gibt zwar immer wieder Befunde, die vermeintlich Schäden zeigen, meistens stellt sich jedoch heraus, dass methodische Fehler hierfür verantwortlich sind. Oder die Ergebnisse können nicht reproduziert werden, was eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Ergebnisse als gesichert angesehen werden. Dennoch gibt es Lücken in der Forschung, da die zukünftig genutzten Frequenzen bislang kaum eine Rolle spielten.

Was untersuchen Sie in dem Forschungsprojekt genau?

Wir untersuchen die Wirkungen von elektromagnetischen Feldern im Bereich 27 GHz und etwa 41 GHz auf kultivierte menschliche Hautzellen. Dabei werden als biologische Endpunkte die Expressionsmuster von vielen tausend Genen untersucht, also ob es Unterschiede gibt, wie die Erbinformationen auf der DNA in die entsprechenden Proteine übersetzt werden. Wichtig ist, dass die Versuche in einer verblindeten Weise durchgeführt werden. Wir wissen bis zum Ende der statistischen Auswertung nicht, welche Zellen exponiert und welche scheinexponiert waren. Dazu müssen natürlich auch zwei vollständig identische Expositionssysteme vorhanden sein.

Wo liegen bei diesem Forschungsprojekt die Herausforderungen?

Das Projekt ist in verschiedener Hinsicht sehr anspruchsvoll. Zunächst müssen die Zellen so kultiviert werden, dass am Ende jedes Experiments genügend Material zur Analyse der Genexpression vorhanden ist. Bei der technisch bedingten geringen Größe der Kulturplatten ist das eine Herausforderung, die wir allerdings gemeistert haben. Ebenfalls eine inzwischen erledigte Aufgabe war es, die Zellen über die Fläche der Kulturschalen gleichmäßig zu exponieren. Die Abweichungen sind mit etwa 1 dB sehr gering. Noch nicht angegangen ist das Problem, Temperatureffekte durch die Exposition auszuschließen oder zumindest zwischen den exponierten und den scheinexponierten Zellen auszugleichen. Hierfür ist aber ein innovativer Ansatz entwickelt und technisch umgesetzt worden, der in der Praxis demnächst erprobt wird. Danach werden die ersten echten Experimente durchgeführt.

Bis wann werden die Ergebnisse vorliegen?

Die ersten Publikationen werden vermutlich 2021 erscheinen.

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