Die Digitalisierung ruft in der Wirtschaft wie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens grundlegende Veränderungen hervor und kann eine zentrale Rolle beim Klimaschutz einnehmen. Allerdings zeigt eine erste Studie des Digitalverbandes Bitkom zum Thema: „Digitaler Klimaschutz“ ist kein Selbstläufer, sondern muss von den Unternehmen aktiv betrieben und von der Politik gezielt flankiert werden. Die Metastudie wertet die vorhandenen internationalen Untersuchungen zu den Effekten der Digitalisierung aus und gibt erste Empfehlungen. Die vorläufige Schlussfolgerung lautet: Wenn die positiven Effekte der Digitalisierung überwiegen sollen, ist die Erschließung der Potenziale durch zielgerichtete Maßnahmen und eine koordinierte Umsetzung durch Gesetzgeber, Unternehmen und Privathaushalte notwendig. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Chance verspielt werde, die Digitalisierung in den Dienst des Klimaschutzes zu stellen.
Der besondere Wert der Studie besteht darin, dass sie sowohl die direkten Effekte der Digitalisierung als auch deren indirekte Wirkungen für den Klimaschutz betrachtet. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass es sowohl positive wie negative indirekte Wirkungen geben kann. Hierbei wurden von digitalen Infrastrukturen wie Rechenzentren und Telekommunikationsnetzen bis hin zu Endgeräten in Privathaushalten und Unternehmen die Einsatzszenarien in ihrer gesamten Breite betrachtet. Ziel der Untersuchung war es, konkrete Handlungsfelder zu identifizieren: In welchen Bereichen besitzt die Digitalisierung besonders große Potentiale für den Klimaschutz und wie können sie genutzt werden? Und welche klimaschädlichen Wirkungen können von digitalen Technologien ausgehen und wie lassen sie sich reduzieren?
Direkte Effekte: Es ist davon auszugehen, dass die Treibhausgas-Emissionen aufgrund weiterwachsender digitaler Infrastrukturen (Rechenzentren und Telekommunikationsnetze) und weiter ansteigender Ausstattung von privaten Haushalten und Unternehmen mit digitalen Geräten deutlich zunehmen werden. Bei Ausnutzung der bestehenden Reduktionspotenziale ist aber auch ein Absenken der Treibhausgas-Emissionen möglich: Durch die konsequente Ausschöpfung von bestehenden und neuen Energieeffizienzpotenzialen, den Betrieb der digitalen Infrastrukturen mit erneuerbaren Energien, die Verringerung der Emissionen in der Herstellung von Endgeräten sowie die Verlängerung der Nutzungsdauer von Endgeräten.
Indirekte Effekte: Die größten Potenziale durch digitale Technologien Treibhausgas-Emissionen zu vermeiden, liegen in den Sektoren Energie (Elektrizität und Wärme), Gebäude und Transport. Als wichtigste Hebel digitaler Anwendungen zur Vermeidung von Emissionen lassen sich in den ausgewerteten Studien die folgenden Bereiche identifizieren: Reduktion der Treibhausgas-Intensität des Personenverkehrs, Reduktion der Verkehrsleistung in Personenkilometern und Tonnenkilometern, Vermeidung von unnötigem Heizen und Kühlen in Gebäuden durch automatisierte Gebäudeüberwachung, die energetische Optimierung von Produktionsprozessen in Industrie und Landwirtschaft sowie die Steuerung der Energienachfrage zugunsten der Integration erneuerbarer Energiequellen.
Globale Potenziale: In der Gesamtauswertung von positiven wie negativen Auswirkungen zeigt sich, dass die positiven Wirkungen in den ausgewerteten Untersuchungen zu überwiegen scheinen. Durch digitale Technologen können bis zu 20 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen des Jahres 2030 eingespart werden – die wissenschaftlichen Szenarien hierzu gehen allerdings weit auseinander. Die größten Klimapotenziale der Digitalisierung liegen in den Sektoren Energie (Elektrizität und Wärme), Gebäude sowie Mobilität und Transport.
Potenziale in Deutschland: Die Bundesrepublik ist gemäß den Auswertungen überdurchschnittlich gut aufgestellt, um digitalen Klimaschutz erreichen zu können. Mithilfe digitaler Technologien und deren Nutzung mit Hilfe erneuerbar erzeugten Stroms kann in Deutschland im Jahr 2030 der Ausstoß von bis zu 290 Megatonnen CO2-Äquivalent vermieden werden – das würde etwa 37 Prozent der prognostizierten Treibhausgas-Emissionen des Jahres 2030 entsprechen. Die Potenziale sind in Deutschland fast doppelt so groß wie im globalen Durchschnitt und liegen hierzulande vor allem in der Industrieproduktion und im Gebäudesektor, gefolgt vom Transport- und Energiesektor.