Digitalisierung in der Landwirtschaft – der Stand der Dinge beim Smart Farming

12. Mai 2023
  • Welchen Beitrag kann die Digitalisierung der Landwirtschaft zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln leisten? Welche Rolle spielt Smart Farming im Hinblick auf Nachhaltigkeit? Und wo wird die Reise bei diesem Thema hingehen – wie wird sich dadurch die Landwirtschaft insgesamt verändern?
  • Unser Gesprächspartner Josef Bühler, Leiter Smart Farming bei der BayWa AG, ist sich sicher: Digitale Lösungen lösen konkrete Probleme in der Landwirtschaft – etwa hohen Zeitdruck oder zunehmenden Mangel an Fach- und Saisonarbeitskräften. Zudem habe Smart Farming das Potenzial, Ökonomie und Ökologie miteinander zu vereinen.
  • Doch die Versorgung mit 4G- und 5G-Mobilfunk auf dem Land und den landwirtschaftlichen Anbauflächen ist dafür eine zwingende Voraussetzung. Ohne Mobilfunkausbau gerade auch auf dem Land werden sich Ziele wie zuverlässige und ressourcenschonende Lebensmittelproduktion nicht realisieren lassen.

Smart Farming ist eine Bezeichnung für die unterschiedlichsten Digitalisierungsanwendungen in der Landwirtschaft: Von weitgehend autonom fahrenden Maschinen, über Schädlingsbekämpfung mit Drohnen, bis hin zur hochpräzisen Bewirtschaftung der Flächen und der Optimierung der landwirtschaftlichen Prozesse.

Viele dieser Anwendungen sind schon heute Realität. Doch sie setzen gute verfügbare Mobilfunkversorgung voraus – und zwar auf dem „flachen Land“, zum Teil fernab von Siedlungen und Gebäuden.

Welchen Beitrag kann die Digitalisierung zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln leisten? Was sind die größten Benefits für die Landwirte? Welche Rolle spielt die vernetzte Landwirtschaft im Hinblick auf Nachhaltigkeit? Und wo wird die Reise bei Smart Farming hingehen – wie wird sich dadurch die Landwirtschaft insgesamt verändern?

In der neuesten Folge unseres Podcasts „MobilfunkTalk“ sprechen wir mit Josef Bühler, Leiter Smart Farming bei der BayWa AG. Das Unternehmen hat seine Wurzeln im genossenschaftlichen Landhandel. Heute bietet es unter anderem auch eine Vielzahl von Lösungen für smarte Landwirtschaft. Sie setzen beispielsweise bei Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Bewässerung an.

Wie Josef Bühler betont, sind die Anforderungen von landwirtschaftlichen Betrieben so unterschiedlich wie diese Unternehmen selbst. Bei der Prüfung, ob eine Investition in Digitalisierungslösungen sinnvoll ist, gelte es daher immer, die Strategie und die Rahmenbedingungen genau zu prüfen. Steht beispielsweise ein Generationswechsel im Betrieb an oder ist dieser bereits erfolgt? Welche Ziele habe sich das Unternehmen gesetzt, und was braucht es, um diese zu erreichen? Diese Prüfung führe oft zu einem über mehrere Jahre reichenden Stufenplan, welche Systeme der Betrieb nach und nach implementiere kann. Sie könne aber auch ergeben, dass digitale Lösungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn machen, so der BayWa-Experte. „Aber für die meisten Betriebe ist eine Nutzung digitaler Technologien sinnvoll – und deshalb nutzen sie die meisten heute auch schon.“

Digitalisierung steht in der Tradition von 100 Jahren Effizienzverbesserungen in der Landwirtschaft

Dabei ist Smart Farming niemals ein Selbstzweck. Entsprechende Lösungen lösen konkrete Probleme, mit der sich die Landwirtschaft heute konfrontiert sieht – wie etwa hohen Zeitdruck oder zunehmenden Mangel an Fach- und Saisonarbeitskräften. Die Lösungen für diese Herausforderungen sind dann beispielsweise automatisiert arbeitende Landmaschinen, die auf den Feldern zentimetergenau fahren können, oder Sensorik, die Information liefert, auf welchem Quadratmeter eines Feldes für ein optimales Anbauergebnis wie viel Düngemittel ausgebracht und wie viel Wasser eingesetzt werden muss.

Eine solche intelligente Nutzung von Daten unterstützt Landwirte bei der Optimierung ihrer Prozesse. Und das bedeutet in der Landwirtschaft nicht weniger als die Produktion von Lebensmitteln sicherzustellen, effizienter zu machen, sie aber gleichzeitig nachhaltig zu gestalten. „Grundsätzlich haben wir auf der Erde das Problem, dass wir eine wachsende Weltbevölkerung haben, und gleichzeitig einen Rückgang der Flächen.“ Smarte Lösungen können dabei helfen, dieser Herausforderung zu begegnen. Aber auch die Reduktion von „Food Waste“, also Lebensmittelverschwendung, neue Züchtungsmethoden für ertragreichere Sorten, die Erschließung neuer Proteinquellen und ähnliche Bausteine spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Josef Bühler verweist darauf, dass solche Effizienzsteigerungen – heute Prozessoptimierung genannt – in der Historie des genossenschaftlichen Landwirtschafts-Händlers schon immer die zentrale Rolle gespielt haben. Was vor über 100 Jahren mit der genossenschaftlichen Vermarktung von Getreide begann und später den Austausch von Maschinen, die von Ochsen oder Pferden gezogen worden, gegen motorisierte Traktoren umfasste oder den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, setze sich heute mit der datengestützten Effizienzverbesserung nahtlos fort.

Ohne Mobilfunkversorgung auf den landwirtschaftlichen Flächen geht es nicht

Moderne Mobilfunkstandards wie 4G und 5G spielen bei dieser Digitalisierung eine wichtige Rolle. „Das Wichtigste für eine digitale Landwirtschaft ist eine flächendeckende Breitbandversorgung“, unterstreicht Josef Bühler. Ob das heute schon 5G sei, sei kurzfristig gar nicht so entscheidend. Ein Beispiel, warum es aber ganz ohne Internetversorgung nicht gehe, ist etwa die Korrektur von GPS-Daten: Ohne Internet-Unterstützung läge die erzielbare Genauigkeit nur bei etwa 50 bis 70 Zentimetern. „Das bringt man mit einer ruhigen Hand und einem guten Auge auch hin“, so der Leiter Smart Farming. Erst mit Korrektur via Online-Anbindung lasse sich die Genauigkeit auf wenige Zentimeter steigern. Hier mache fehlender Breitbandausbau große Probleme.

Auch die Gewinnung von Telemetriedaten und deren Analyse für eine Optimierung sei ohne zuverlässig verfügbare mobile Internetversorgung nicht möglich. Mit Blick auf die Zukunft steige dann der Bandbreitenbedarf: „Wenn ein autonomer Roboter auf einem Feld fährt, der eine Störung hat, sendet dieser im Optimalfall Bilder, wie es vor und hinter ihm auf dem Feld aussieht. Dann kann der Landwirt entscheiden, ob er aufs Feld rausfahren muss oder das System einfach aus der Ferne neu starten kann“, erläutert Bühler. Dieser Punkt bewege die Landwirte – in einer von BayWa durchgeführten Umfrage haben 96 Prozent angegeben, dass mobiles Internet vor Ort auf den Feldern für sie eine Grundvoraussetzung ist, um ihre Betriebe weiter zu digitalisieren.

Smart Farming und Nachhaltigkeit seien untrennbar miteinander verbunden. „Smart Farming hat das Potenzial, Ökonomie und Ökologie miteinander zu vereinen“, ist sich der Experte sicher. Damit lasse sich beispielsweise der unnötige Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln vermeiden – ebenso wie die Verschwendung von knapper werdenden Ressourcen wie Wasser. Hinzu kommen die Arbeitserleichterung und Zeitersparnis, die den Beruf des Landwirts zumindest ein bisschen attraktiver und ein bisschen einfacher mache.

In näherer Zukunft werden vor allem im Sonderkulturen-Bereich (arbeits- und kostenintensive Kulturpflanzen wie etwa Feingemüse, Arzneipflanzen oder Hopfen) Autonomie und Automatisierung schnell Einzug halten, ist sich der Smart-Farming-Experte sicher. „Um unsere Klimaziele zu erreichen und ressourcenschonen Landwirtschaft zu betreiben, werden wir nicht um die Nutzung von Daten umhinkommen“, lautet sein Fazit. Doch ohne Mobilfunkausbau gerade auch auf dem Land wird sich dies nicht realisieren lassen.

Auf allen wichtigen Podcast-Plattformen vertreten

Das rund 18-minütige Gespräch mit Josef Bühler, Leiter Smart Farming bei der BayWa AG, haben wir in der neuesten Folge unseres Podcasts MobilfunkTalk veröffentlicht. Sie finden ihn auf allen einschlägigen Podcast-Plattformen.

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