Mehrere Unternehmen wollen die Erde vom Weltraum aus mit Internet versorgen. Das prominenteste Beispiel ist wohl das Projekt „Starlink“ des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk. Doch auch andere Angebote wie das von einer britischen Firma und Airbus realisierte OneWeb, das kanadische Telesat-Leo oder das von Amazon verfolgte „Projekt Kuiper“ haben ähnliche Konzepte.
Am weitesten fortgeschritten ist das Projekt von Elon Musk
Das „Starlink“ der Firma SpaceX, die Tesla-Gründer Elon Musk gehört, ist mit derzeit bereits über 1400 im Orbit platzierten Minisatelliten aktuell das größte und am weitesten fortgeschrittene Angebot. Vorgesehen sind jedoch noch erhebliche Erweiterungen: Fest geplant hat das Unternehmen bereits knapp 12.000 Satelliten, für bis zu 30.000 weitere hat es Genehmigungen beantragt.
Starlink und seine verwandten Systeme basieren auf vergleichsweise kleinen und flachen Satelliten, die höchstens die Größe eines Kleinwagens haben und etwa 260 kg wiegen. Sie fliegen in einem sogenannten Low Earth Orbit („LEO“) – in einer Höhe zwischen 500 und 1300 Kilometern. Anders als etwa Fernseh- oder Kommunikationssatelliten zur Vermittlung von Telefonverbindungen, die auf dem sogenannten geostationären Orbit in einer Höhe von rund 36.000 Kilometern über der Erdoberfläche stationiert sind, haben sie somit keine feste Position über einem bestimmten Ort auf der Erde. Vielmehr fliegen sie regelmäßig über die von ihnen versorgten Gebiete hinweg. In sternklaren Nächten und bei geeignetem Sonnenstand – kurz nach der Abenddämmerung oder kurz vor dem Morgengrauen – sind die Satelliten manchmal als wandernde Lichterkette am Himmel erkennbar.
Aufwändige Technik auch beim Endnutzer
Von ihrer Flugposition aus funken die Minisatelliten ihre Signale auf dem sogenannten K-Band zur Erde – je nach genutztem Standard und Frequenzband liegen sie im Bereich zwischen 12 und 40 GHz. Jeder Satellit kann auf der Erdoberfläche ein Gebiet von einigen hundert Kilometern Durchmesser versorgen.
Damit die Kommunikation bidirektional erfolgen kann – es zusätzlich zum Download also auch einen Upload gibt –, müssen die Endgeräte mit recht aufwändiger Technik ausgerüstet sein: Ihre Antenne muss durch das vergleichsweise komplizierte „Phased Array“-Verfahren der Position des gerade verbundenen Satelliten folgen. Zudem wird eine recht leistungsstarke Sendetechnik benötigt, um die Rückkanal-Kommunikation vom Endgerät zum Satelliten zu ermöglichen.
Erste Ankündigungen von Starlink stellten Download-Geschwindigkeiten von bis zu 1 Gbit/s pro Nutzer in Aussicht. Aktuell liegen die erzielbaren Datenraten jedoch eher bei 40 bis 50 Megabit pro Sekunde – im Vergleich zu vielen anderen Breitbandtechnologien also eher am unteren Ende des Spektrums. Latenzen im Bereich von 40 Millisekunden entsprechen den Werten, die von DSL und LTE bekannt sind – liegen aber hinter den Werten moderner Techniken wie 5G oder Glasfaser.
Kritik von Astronomen und Weltraum-Profis
Die schon heute vielen und im geplanten Endausbau noch erheblich zahlreicheren Kleinsatelliten stoßen allerdings nicht nur auf Zustimmung. Professionelle wie auch Hobby-Astronomen beklagen zunehmende Einschränkungen bei der Sicht auf den Sternenhimmel. Die Europäische Weltraumorganisation (European Space Agency, ESA) weist darauf hin, dass mit der Anzahl von Low-Earth-Satelliten auch die Risiken und Schwierigkeiten für künftige Weltraummissionen wachsen – da bei jedem Raketenstart die Gefahr einer Kollision mit den tief fliegenden Minisatelliten steigt.
Betreiber wie Starlink wollen solcher Kritik allerdings mit gezielten Maßnahmen begegnen. Angedacht ist etwa eine spezielle Lackierung der Satelliten, die die Reflexion des Sonnenlichts verringern soll. Im Flugbetrieb können die Satelliten anderen Objekten und auch Weltraumschrott ausweichen – allerdings kam es im April 2021 bereits zu einer Beinahe-Kollision zwischen zwei LEO-Satelliten von Starlink und seinem Konkurrenten OneWeb. In jedem Fall sollen die Minisatelliten, wenn sie das Ende ihrer aktuell auf etwa fünf Jahre angelegten Lebenszeit erreicht haben, ihre Umlaufbahn automatisch verlassen und in der Erdatmosphäre verglühen. So wollen die Betreiber sicherstellen, dass Tausende und perspektivisch Zehntausende Kleinsatelliten nicht selbst als Weltraumschrott enden.
Kein Ersatz für irdisches Festnetz oder irdischen Mobilfunk
Die aktuellen Erfahrungen und geschilderten Probleme verdeutlichen: Satelliten-Internet hat durchaus das Potenzial, an schwer zugänglichen Orten oder etwa auf Hochseeschiffen für Internet-Verbindung zu sorgen – und somit dort, wo andere Netze oft gar nicht zur Verfügung stehen. Die Angebote können gegebenenfalls auch konventionelle Festnetzleitungen wie DSL, Breitbandkabel oder Glasfaser sowie 5G/4G-Mobilfunkangebote ergänzen. Der stetig wachsenden Nachfrage nach immer und überall verfügbarem Breitband-Internet können die Satelliten jedoch aus Kapazitätsgründen auch auf längere Sicht wohl nicht nachkommen. Zudem ist eine echte mobile Nutzung angesichts der komplizierten und auch energieintensiven Sende- und Empfangstechnik nicht möglich.
Allerdings sind die Technologien gar nicht so streng voneinander isoliert wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Auch die 5G-Standardisierung sieht in dem Ende 2020 veröffentlichen „Release 17“ bereits eine optionale Einbeziehung von Satelliten in die Infrastruktur des Mobilfunknetzes vor. In künftigen Erweiterungen des 5G-Standards wie dem für 2021 oder 2022 vorgesehenen „Release 18“ soll diese Option noch weiter ausgebaut werden. Dennoch bleibt klar: Satelliten-Internet ist eine interessante Ergänzung für Mobilfunkangebote – vollständig oder auch nur weitgehend ersetzen kann es den Ausbau mobiler Netze jedoch auf keinen Fall.
Veröffentlicht am 09.06.21