Pendlerströme mit 5G optimieren – Interview mit Dorothea Prell, 5G-Projektleiterin Stadt Jena

23. April 2021
Stadt Jena, Sebastian Bratge (c)

Jena ist die zweitgrößte Stadt des Freistaates Thüringen und liegt im landschaftlich schönen mittleren Saaletal. Die damit verbundene Kessellage sorgt für die natürliche Begrenzung der Bebauung und für eine Konzentration der Verkehrswege innerhalb des Stadtgebiets. Mit einem 5G-Projekt will die Stadt die täglichen Pendlerströme aus der Umgebung bewältigen: Durch die Optimierung des multimodalen Verkehrs, die Reduzierung der Fahrzeiten aller Verkehrsmittel ergänzt durch die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs. Wir haben die Leiterin des 5G-Projektes der Stadt Jena, Dorothea Prell, zu den Details des vom BMVI-geförderten Projektes befragt.

Dorothea Prell

 

 

 

Was genau ist das Ziel des 5G-Projektes in Jena?

Innovative Ideen entstehen ja nicht einfach so, sondern werden typischerweise durch einen konkreten Bedarf initiiert. Der Titel unseres Konzeptes lautet: „5G-basierte V2X-Vernetzung zur Steigerung der Verkehrs­sicherheit sowie zur Optimierung des multimodalen Verkehrs und der Energieversorgung in Jena“ (Kurztitel „Jena 5G_V2X“). Konkret wollen wir den Verkehrsfluss optimieren und ein Höchstmaß an Verkehrssicherheit mit Hilfe einer zentralen Dateninstanz, einem sogenannten Datenbroker, unter Berücksichtigung aller Verkehrsteilnehmergruppen möglich machen. Dafür steht der Begriff Cellular-Vehicle-to-Everything (C-V2X), der einen Standard der 5G-basierten Verkehrsvernetzung beschreibt. Dieser Datenbroker erfasst und analysiert die Echtzeit-Daten von Verkehrsteilnehmenden (ÖPNV, MIV, Fahrräder, E-Roller, Fußgänger). Dazu zählen aber auch die 5G-Anbindung der Fahrzeugsensoren im ÖPNV, wie ABS- und ESP oder Wegzähler sowie eine Anbindung von Ampeln.

Wie kann die Anbindung von Verkehrsteilnehmern an den Datenbroker oder die direkte Kommunikation untereinander technisch ermöglicht werden?

Das ist in der Tat ein wichtiger Punkt. Wir haben speziell bei den Jenaer Stadtwerken bereits heute sehr gute Erfahrungen mit einer Smartphone-App gemacht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Höhe der Downloadrate als auch des Nutzungsverhaltens, wobei wir davon ausgehen, dass 5G-fähige Smartphones sukzessive den Endkundenmarkt erobern werden. Die Weiterentwicklung und Nutzung einer solchen App planen wir in gleicher Weise für das Projekt „Jena 5G_V2X“. Die App ist eine weitere Quelle von Informationen aus dem Individualverkehr, soll aber ausdrücklich auch als Rückkanal für Analysen und personalisierte Empfehlungen des Datenbrokers etabliert werden. Das ist eines der Ziele bei der Umsetzung unseres 5G-Konzeptes.

Warum setzt Jena dabei auf 5G?

Wir haben neben Partnern aus der regionalen Wirtschaft in Thüringen und Sachsen, aus Forschungseinrichtungen der beiden Bundesländer und aus der kommunalen Verwaltung und städtischen Betrieben auch zwei Mobilfunknetzbetreiber als assoziierte Partner gewonnen. Dadurch verfügt das Projektgebiet bereits seit Mitte 2020 über eine flächendeckende 5G-Versorgung, die wiederum Basis für die weitere Entwicklung und Demonstration der geplanten Szenarien ist.

Wir befinden uns mit den Mobilfunknetzbetreibern außerdem in guten Gesprächen, die neben der 5G-Netzabdeckung auch dedizierte Projektanforderungen an Dienste und Service Level Agreements betreffen. Wir denken, dass Network Slicing, also die Einrichtung sog. virtueller 5G-Netzwerke auf der bestehenden Mobilfunkinfrastruktur der öffentlichen Mobilfunknetzbetreiber, für das Projekt „Jena 5G_V2X“ einen technisch validen Pfad bietet, unsere konkreten Anforderungen abzubilden.

Im Projekttitel steht auch, dass die Energieversorgung optimiert werden soll. Wie soll das umgesetzt werden?

Neben der Idee des 5G-basierten Datenbrokers ist ein weiterer grundsätzlicher Ansatz, die optimierte Energieversorgung für den elektrifizierten Verkehr. Dies schließt hier ausdrücklich alle Formen der Elektromobilität ein, d.h. Straßenbahnen und E-Busse, also ÖPNV sowie E-Autos und E-Bikes ein. Vereinfacht und verkürzt gesagt wollen wir durch ein Lastmanagementsystem zeitweise auftretende Lastspitzen und damit die Überdimensionierung der Stromnetze vermeiden. Dies ist aktuell gerade bei der schienengebundenen Elektromobilität, Stichwort Straßenbahnen, eine Herausforderung. Außerdem wollen wir eine Verringerung der Lade- und damit Stand­zeiten von elektrisch betriebenen Fahrzeugen, darunter fallen auch unsere E-Busse, sowie eine Verbesserung der Fahrplangüte des ÖPNV erreichen.

Titelbild: Stadt Jena, (C) Sebastian Bratge

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