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Welche haftungsrechtlichen Regelungen gelten beim Mobilfunk?

Fragen zu zivilrechtlichen Haftungs- und Unterlassungsansprüchen entstehen immer wieder, wenn diskutiert wird, ob gesundheitliche Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks ausgehen. Die juristischen Fakten zu möglichen Anspruchsgrundlagen und deren Durchsetzbarkeit sind aufschlussreich.

In Betracht kommen zunächst Ansprüche auf Unterlassung des Sendebetriebs zum Schutz vor angeblichen Gesundheitsgefährdungen, die sich sowohl gegen den Betreiber der Anlage als auch den Vermieter eines Sendestandortes richten können. Sie stützen sich auf die Paragraphen 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 ff., 906 Abs. 1 und 2 BGB.

Unterlassungsansprüche

Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch wäre zunächst das Vorliegen einer Gesundheitsgefährdung, die nachweislich durch den Betrieb der Sendeanlage verursacht worden ist. Entweder hat der Betrieb bereits zu einem gesundheitlichen Schaden geführt oder der Schadenseintritt ist bei weiterem Sendebetrieb mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Für einen Anspruch aus Paragraph 906 Abs. 1 iVm § 1004 Abs 1 BGB ist außerdem Voraussetzung, dass eine sogenannte wesentliche Beeinträchtigung vorliegt bzw. unmittelbar zu befürchten ist. Unwesentliche Beeinträchtigungen hingegen hat der Nachbar zu dulden.

Für die Bewertung, ab wann eine Beeinträchtigung wesentlich wird, werden auch im Zivilrecht die für den Betrieb der Anlage nach der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung vorgeschriebenen Grenzwerte herangezogen. Bei Unterschreitung der Grenzwerte besteht eine sogenannte Regelvermutung dahingehend, dass nicht von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist und eine mögliche Beeinträchtigung daher als unwesentlich anzusehen sei. Stützt sich ein Anspruchsteller trotz Einhaltung dieser Grenzwerte auf angebliche Gesundheitsgefährdungen, so muss er diese Regelvermutung widerlegen. Dabei muss er beweisen, dass objektiv eine Gefährdung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten oder bereits eingetreten ist, um einem Unterlassungsanspruch zu begründen.

Urteile zur Gesundheitsgefährdung

Da aber nach dem aktuellen Forschungsstand bisher keine Gesundheitsgefährdungen nachgewiesen werden konnten, wird dieser Beweis in der Regel nicht gelingen. Dies ist auch in Gerichtsentscheidungen wiederholt bestätigt worden (so unter anderem Landgericht Traunstein vom 25.07.2002; Oberlandesgericht München vom 13.09.2001, Az. 8 U 1553/99, bestätigend Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 02.12.1998, Az. 2 O 412/98; Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26.02.2002, bestätigend Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.09.2001; Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 04.07.2001, Az. 4 T 14/01).

So führt beispielsweise das Landgericht Mönchengladbach in seinem Urteil vom 09.07.2001 (bestätigt durch das Oberlandesgericht Düsseldorf vom 20.12.2001, Az. 14 U 208/01) aus: „Unstreitig gehen von der Mobilfunksendeanlage Strahlungen aus, die in den Lebensbereich der in der Umgebung wohnenden Bevölkerung einwirken. Der darin liegende Eingriff in die Rechte und Rechtsgüter der Verfügungsklägerin ist jedoch nicht rechtswidrig. Sie muss die Strahlungen gemäß § 906 Abs. 1 BGB dulden.““

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in seinem Urteil vom 28.11.2000, mit dem eine vielfach zitierte Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 27.09.2000 aufgehoben wurde, ausgeführt: „Die den Verfügungsklägerin obliegende Glaubhaftmachung (…), dass trotz Einhaltung der Grenzwerte eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist nicht gelungen, so dass das Landgericht nicht von der Notwendigkeit eines ‚schlüssigen Negativbeweises für die beschriebenen Gesundheitsgefahren’ ausgehen durfte.““

In einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 18.07.2003 kommt das Gericht ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es einen gesicherten Stand von Wissenschaft und Technik, wonach trotz Einhaltens der Forderung der 26. BImSchV von Gesundheitsgefährdungen der Strahlungen auszugehen sei, nicht gebe. Aus diesem Grund könne der Klägerin – einer Vermieterin – auch kein Kündigungsrecht des Mietvertrages zugesprochen werden.

Auch das Landgericht München II bestätigt in einer Rechtsprechung diese Ansicht. So ist es der Auffassung, dass nach den gegenwärtigen verfügbaren Erkenntnissen Gesundheitsgefährdungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen der Mobilfunkanlagen nicht zu erwarten seien. Die Behauptung potenzieller Gesundheitsgefahren bei Überschreitung eines Wertes von 100 uW/qm auf der Basis nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse bzw. subjektiv empfundener Gefährdungsmomente seien nicht geeignet, die bestehenden Grenzwerte der 26. BImSchV in Zweifel zu ziehen. (Landgericht München II, Urteil vom 10.07.2003 – 3 O 2104/03, S. 13 der Urteilsbegründung.)

Ein Unterlassungsanspruch bei Einhaltung der in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerte konnte bislang in Deutschland mangels Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung, einer Gesundheitsgefährdung oder sogar eines Gesundheitsschadens gerichtlich nicht rechtskräftig durchgesetzt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat dies in seiner Entscheidung vom 28.02.2002 nicht nur zum wiederholten Male bestätigt, sondern auch festgestellt, dass ein Gericht auch nicht verpflichtet sei, Beweis über die Frage der Gesundheitsgefährdung zu erheben, da von den Gerichten nicht verlangt werden könne „ungesicherten Erkenntnissen mit Hilfe des Prozessrechtes zur Durchsetzung zu verhelfen“. Zumindest könne sich das Gericht auf diesbezügliche Aussagen anerkannter Stellen wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und andere nationale und internationale Fachkommissionen verlassen.

Haftungsansprüche

Neben Ansprüchen auf Unterlassung des Sendebetriebs werden Schadensersatzansprüche aus den Paragraphen 823 ff. BGB sowie Ausgleichsansprüche aus Paragraph 906 Abs. 2 BGB diskutiert. Auch diese setzen aber den Eintritt eines Schadens, in diesem Fall einer Gesundheitsbeschädigung bzw. einer wesentlichen Beeinträchtigung bei Paragraph 906 Abs. 2 BGB, voraus. Dieser muss kausal durch den Betrieb der Sendeanlage verursacht worden sein. Die Beweislast für den Eintritt eines Schadens bzw. der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung durch Mobilfunkstrahlung obliegt dem jeweiligen Anspruchsteller. Insoweit gelten die oben genannten Ausführungen zur Nachweislichkeit (Kausalität) von Gesundheitsgefährdungen durch Mobilfunkanlagen entsprechend.

In einer Klage an das Landgericht Aschaffenburg (Urteil vom 14.09.2001) hatte der Kläger den Ersatz von Kosten für Abschirmmaßnahmen gegen die Strahlung einer Mobilfunksendeanlage geltend gemacht, die zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung seines Sohnes geführt haben soll. Das Landgericht hat diesbezüglich ausgeführt, dass „eine haftungsbegründende Kausalität, also ein nachweislicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Betrieb der Mobilfunksendeanlage und den bei dem Sohn des Klägers aufgetretenen Symptomen aber nicht nachgewiesen sei“. Darüber hinaus hat es bestätigt, dass „eine wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis, dass bei den hier gemessenen Werten negative Auswirkungen auf die Gesundheit durch elektromagnetische Felder von Mobilfunkstationen im Allgemeinen nachgewiesen seien, nicht bestünde“ und die Klage somit abgewiesen. Diese Entscheidung ist durch das Oberlandesgericht Bamberg bestätigt worden.

Insgesamt haben in den vergangenen Jahren zahlreiche zivil- und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen bestätigt, dass nach Ansicht der Gerichte bei Einhaltung der Grenzwerte nach dem aktuellen Stand der Forschung kein begründeter Anlass besteht, eine Gesundheitsgefährdung zu befürchten.

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